Die „Saalschlachten“ und ihr bitteres Ende

Der Saalbau Lamers-Schopmans galt zu jener Zeit, wo die meisten Vereine bereits in behaglichen Turnhallen untergebracht waren, in der Tischtennisszene als „heißes Pflaster“, denn die Walbecker konnten mit allerlei Tricks aufwarten, wenn es darum ging, ihren sagenumwobenen Heimnimbus zu wahren. Die Zuschauer saßen oder standen damals dicht gedrängt um die beiden Spielfelder und qualmten, was die Zigarren und Zigaretten hergaben, ihre nervliche Anspannung den Akteuren an den Tischen entgegen; gar mancher von ihren geriet in den undurchdringlichen Rauchschwaden, die gespenstisch zwischen Platte und Laterne daher zogen, in ärgste Seh- und Atemnot. Nicht selten wurde ein gegnerischer Spieler durch das Getöse umstürzender Tische und Bänke aus allen Siegesträumen gerissen. Hin und wieder wurde eine brenzliche Situation auch schon mal durch Lichtausfall gemeistert, denn einem gängigen „on dit“ zufolge soll der Stromkreislauf im Hause Lamers-Schopmans damals nicht der allerbeste gewesen sein. Abwehrstrategen, die sich unvorsichtig zu weit von der Platte entfernten, wurde die leicht erhöhte, aber nur notdürftig abgedeckte Kegelbahn zum Verhängnis. Und Hitzköpfe, die über die aus der angrenzenden Kneipe herüberdröhnenden Siegesgesänge der „Alten Herren“ in Wallung gerieten, waren in der winterlichen Kälte des unbeheizten Saales recht schnell zur Tiefkühl-Raison gebracht. Keine Frage: in der Lamers´schen Manege wurde schwarze Tischtennis-Magie in Vollendung geboten. Und die Walbecker, die natürlich auch das Spiel mit dem kleinen Ball vorzüglich beherrschten, griffen, wenn es sein musste, tüchtig in die Trickkiste. Da konnte jede Partie zur Schlacht mit Haken und Ösen werden; Riesenkönner verschrumpften zu stümperhaften Anfängern, stahlgehärtete Nerven wurden reihenweise blank gelegt, und mancher voreilige Griff zum Siegeslorbeer landete im zittrigen Espenlaub. Kurzum: die Tischtennisspieler boten nicht nur Meisterliches aus der Vor- und Rückhand, sondern bisweilen auch das eine oder andere „Schmankerl aus der Hinterhand“, wodurch jede Saalvorstellung zu einem unvergesslichen Erlebnis werden konnte.

Doch damit sollte bald Schluss sein. Dabei begann die Saison 1969/70 recht verheißungsvoll. Die 1. Herrenmannschaft hatte sich schon nach wenigen Spieltagen an die Tabellenspitze der Bezirksklasse gesetzt, zwei Punkte zurück der Verfolger Union Krefeld. Zwischen beiden Teams bahnte sich ein harter Zweikampf um die Meisterschaft an. Am 6. Dezember 1969 kam es in Walbeck zu dem mit Spannung erwarteten ersten direkten Vergleich, der eine wichtige Vorentscheidung im Kampf um den Titelgewinn bringen musste. Vor großer Kulisse und in gewohnter Atmosphäre entwickelte sich eine aufregende Partie von fast dreistündiger Dauer. Die Walbecker Mannschaft, die in der Besetzung Hermann Deckers, Dieter Conrady, Matthias van Beek, Heinz Beckers, Norbert Hebinck und Norbert Schlütter angetreten war, bot eine großartige Leistung und ging als 9:5-Sieger von den Tischen. Die Tabellenführung war gefestigt und die Meisterschaft rückte einen Schritt näher.

Dieser Erfolg jedoch wurde der Mannschaft und der gesamten Abteilung zum Verhängnis. Die Krefelder führten ihre Niederlage auf „irreguläre Spielbedingungen“ zurück und legten gegen die Wertung Protest ein. Dieser führte zwar nicht zur Annullierung der beiden Siegpunkte, wohl aber zu der Auflage, ab der folgenden Saison eine Turnhalle als Spiellokal vorweisen zu müssen. Das von den Krefeldern inszenierte Hick-Hack verfehlte natürlich nicht seine psychologische Wirkung. Zum ersten Mal machte sich so etwas wie Unsicherheit um die sportliche Zukunft der Abteilung breit. Ein besonders starker Druck lastete auf der ersten Mannschaft, die doch Meister zu werden hoffte. Es stand zu befürchten, dass das Fernduell mit Union Krefeld zum reinen Nervenkrieg entartete. Und so kam es auch. Am letzten Spieltag, dem 11. April 1970, hatten die Walbecker in Krefeld anzutreten. Trotz des 2-Punkte-Vorsprungs – ein Unentschieden hätte also zum Titelgewinn ausgereicht – war die Mannschaft den psychischen Belastungen in der Höhle des Löwen nicht gewachsen und verlor mit 4:9. Die allerletzte Chance, die Krefelder noch aus dem Rennen zu werfen, wurde mit einer 3:9-NIederlage im notwendig gewordenen Entscheidungsspiel, das am 2. Mai 1970 in Rheinberg ausgetragen wurde, vertan. So scheiterte die Mannschaft quasi im Zieleinlauf, wodurch ihr der Wunsch, sich wenigstens mit dem Aufstieg in die Bezirksliga aus Walbeck zu verabschieden, versagt blieb. Das sonst so heitere Tischtennisvölkchen durchlebte bittere Stunden.

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